Die Grammatik der unregelmäßigen Verben


Die Hauptregel für die schwäbische Grammatik lautet:

Die schwäbische Grammatik steht nicht für sich. Sie ist Teil der
weitgehend gleichen Grammatik des ganzen oberdeutschen Sprachraums.
Die Abschnitte A) bis C) gelten deshalb für den ganzen oberdeutschen Sprachraum.



A) 
Verben ohne "ge" im Partizip Perfekt

Im Schwäbischen (und im ganzen Oberdeutschen Sprachraum!) wird bei vielen Verben das Partizip Perfekt ohne das Augment "ge" gebildet. Dies tritt bei allen Verben ein, die mit einem so genannten Verschlusslaut beginnen (d/t/z, g/k/q/x, b/p).

Beispiele für regelmäßige Verben ohne "ge" im Partizip Perfekt: 

Regelmäßige Verben bilden ihr Partizip Perfekt deutsch mit der Endung "et", schwäbisch mit "ed". Beispiele für solche Verben: 

deutsch

schwäbisch 

gebadet, gekostet, getankt

baded, koschded, tanggd


Beispiele für unregelmäßige Verben ohne "ge" im Partizip Perfekt:

Unregelmäßige Verben bilden ihr Partizip Perfekt deutsch mit der Endung "en", schwäbisch mit der Endung "a" (nasalierter Leichtlaut a). Beispiele für solche Verben:

deutsch 

schwäbisch

geblieben, gegolten, gekommen, gezogen

bliiba, golda, komma, zoga


B)   Die Anzahl der unregelmäßigen Verben:

Im Hochschwäbischen wie im Hochdeutschen gibt es rund 200 unregelmäßige Verben. Die Liste dieser unregelmäßigen Verben ist aber zwischen Schwäbisch und Deutsch nicht deckungsgleich. Nur ihre Anzahl ist ungefähr gleich.



Von etwa zehn schwäbisch unregelmäßigen Verben gilt, dass sie hochdeutsch regelmäßig sind. Das nebenstehende Schild hing an einem Weidezaun an der oberen Donau. Weitere Beispiele:
falda>gfalda  falten>gefaltet
zenda>zonda  zünden>gezündet

Umgekehrt sind etwa zehn schwäbisch regelmäßige Verben hochdeutsch unregelmäßig. Beispiele:
brenna>brennd  brennen>gebrannt
kenna>kennd  kennen>gekannt


C)  Konjugation im Präsens Singular und im Imperativ Singular:

Einen solchen grundlegenden Unterschied gibt es z. B. in der Umlautung von e nach i im Singular Präsens und im Imperativ Singular.

Diese nachfolgend dargestellte Umlautungs-Zuordnung ist nicht nur schwäbisch, sondern eine gesamtoberdeutsche Gemeinsamkeit. Sie umfasst Südbadisch-Schweizerisch-Alemannisch, Bairisch-Österreichisch, Südfränkisch und Schwäbisch. Das ist nicht weniger als der halbe deutsche Sprachraum,

Man muss das deutlich sagen: Die gesamte Südhälfte des deutschen Sprachraums wird vom Duden völlig diskriminiert. Er ignoriert die grammatischen Charakteristika des halben deutschen Sprachraums völlig!

deutsch
Präsens Singular

e (gesprochen ä!)  -  i  -  i

ich esse (ässe) - du isst - er/sie es isst
ich helfe (hälfe) - du hilfst - er/sie/es hilft
ich lese (läse) - du liest - er/sie/es liest

deutsch
Imperativ Singular
i

iss!
hilf!
lies!

schwäbisch
Präsens Singular
i  -  i  -  i

i iss - du ischd - är/sui/s issd
i hilf - du hilfschd - är/sui/s hilfd
i liis - di liischd - är/sui/s liisd

schwäbisch
Imperativ Singular
ä

äss!
hälf!
läas!


Weitere Unterschiede in der Konjugation der Verben zwischen hochdeutsch und schwäbisch/gesamtoberdeutsch zeigen sich vielen weiteren Stellen, z. B. in der Nichtumlautung des a-Stammvokals in der 2. und 3. Person Singular Präsens


D)  Speziell schwäbische grammatikalische Charakteristika:

> Der so genannte Einheitsplural für die 1. bis 3. Person Plural
> Kompaktformen bei Infinitiven hochfrequenter Verben, z. B. gäa geben, gao gehen hao haben, lao lassen, sdao stehen u.a.m.

Nebenbei bemerkt:
Diese Kompaktformen gehörten als gen, gan, han, lan und stan seit jeher auch zum Hochdeutschen. Sie wurden aber bei der Formung des Neuhochdeutschen vor etwa dreihundert Jahren von selbst ernannten "Sprachverbesserern" zu zweisilbigen Verben gemacht. Nur bei "sein" und "tun" gelang ihnen das nicht. Die blieben auch im Neuhochdeutschen einsilbig.

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