Wissenschaftliche Kriterien zur Schwäbisch-Forschung
Den Inhalten dieser Homepage
liegt folgendes wissenschaftliches Vorgehen zugrunde:
1. Die klassische schwäbische Mundartliteratur wird ausgewertet
Ich nehme bewusst Bezug auf solche Autoren, die sich eine durchdachte Darstellung ihrer Mundart zum Ziel gesetzt haben. Autoren der reinen "Spaßfraktion" (Wortwahl von Rudolf Paul) werden nicht herangezogen.
Zu den reflektierten Autoren gehören nachweislich z. B. Michel Buck, Karl Hötzer, Fritz Holder, Matthias Koch, August Lämmle, Wilhelm König, Rudolf Paul, Friedrich E. Vogt, Carl und Richard Weitbrecht und weitere. Die meisten der genannten Autoren geben zudem an, wie sich bei ihnen Aussprache und Verschriftlichung zueinander verhalten. Derartige Hinweise sind ein Kennzeichen gut reflektierter Autorenschaft.
2. Nur das im Alltagsgepräch zu hörende Schwäbisch ist wirklich genuin
Ich nehme als beweiskräftige mündliche Äußerungen nur solche Wörter und Formulierungen auf, die ich in Alltagsgesprächen unter alteingesessenen Schwaben beiläufig mitgehört, aber nicht gezielt erfragt habe. Dieses beiläufig mtgehörte Alltagsschwäbisch ist authentisch. Hier lassen sich Wortschatz und Grammatik klar erkennen.
Gezielt abgefragtes Schwäbisch weicht oft von dem im Alltag gesprochenen Alltagsschwäbisch etwas ab. Werden Schwaben direkt befragt, antworten sie in der Regel in einer Art Mikrofonschwäbisch. Warum? Schwaben neigen dazu, bei direkten Befragungen solche Antworten zu geben, die von der Sprachebene der/des Fragenden mit beeinflusst werden. In der Physik ist dies als Subjekt-Objekt-Problem bekannt. Die fragende Subjektsperson hat mit ihrer Sprachebene ungewollt Auswirkungen auf die Antworten der befragten Objektsperson(en). Ein Beispie: Der Befragte hat zunächst mit "mir hend" erzählt. Nach einer Zwischenfrage des Interviewers fährt er mit "mir habet" fort. Warum? Weil der Interviewer auf Hochdeutsch gefragt hat: Wie sagen Sie für "wir haben"?
Insbesondere auch kommunale Angestellte neigen zu Mikrofonschwäbisch, wenn man sie über die örtliche Mundart beftragt. In meiner Arbeit haben sich solche Auskünfte oft als fehlerhaft herausgestellt, wenn ich sie mit dem ungefragt mitgehörten tatsächlichen Sprachgebrauch ihrer alteingesessenen schwäbischen Bürger/innen auf der Straße oder unter Verwandten verglichen habe.
3. Hermann Fischers "Schwäbisches Handwörterbuch" dient als Prüfstein
Dieses 7-bändige Werk von Hermann Fischer dient in allen Zweifelsfällen als kritischer Prüfstein für die Frage, was genuines Schwäbisch ist. Es steht in meinem Bücherregal.
Beachtet werden muss aber: Fischer stellt alle Sprachregionen des ehemaligen Königreichs Württemberg dar. Sein Wörterbuch enthält nicht nur Schwäbisch, sondern auch Fränkisch. Da er seine Aufstellungen der unterschiedlichen Formen eines Wortes von Norden nach Süden ordnet, beginnt er mit dem fränkischen Bereich! Diejenigen Wortformen, die aus den fränkischen Oberämtern Württembergs stammen, müssen aber fürs Schwäbische außen vor bleiben.
Für den Abgleich mit dem Alemannischen konsultiere ich zusätzlich die Alemannische Grammatik von Karl Weinhold, für den Abgleich mit dem Bairischen das für das Bairische grundlegende Wörterbuch Johann Jakob Schmellers und die Barische Grammatik Karl Weinholds.
4. Vergleich mit dem Mittelhochdeutschen und dem Althochdeutschen
Die schwäbische Sprache ist eine Weiterentwickliung der des Alt- und Mittelhochdeutschen. Ausformung, Wortlaut und Grammatik des Schwäbischen werden mit diesen Vorstufen des heutigen Schwäbischen in Beziehung gesetzt. In meinen beiden Büchern (Wörterbuch Deutsch - Schwäbisch und und Grammatik Deutsch - Schwäbisch) sind deshalb alle wichtigen Angaben mit Anmerkungen belegt. Dazu gehören:
> Verweise auf literarische Fundstellen in der schwäbischen Mundartliteratur und auf Aussagen von Gewährspersonen.
> Zusammenfassende Abschnitte stellen den Werdegang der schwäbischen Laute dar, durch den Vergleich mit den germanistischen Standardgrammatiken des Althochdeutschen und des Mittelhochdeutschen aufgezeigt.
> Inhaltliche Querverweise zeigen grammatikalische und phonetische Gesetzmäßigkeiten der schwäbischen Sprache auf, die sich in der gleichartigen Ausformung ganzer Wortgruppen zeigen.